Anleihen beim Oscar

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Die Kulturbürgermeisterin von Mannheim macht sich stark für den Filmpreis Billie Award.

Dr. Ulrike Freundlieb weiß, warum: Denn keine Stadt im weiten Umkreis hat einen Filmpreis,

der Schule und das Schülersein zum Inhalt hat, der besondere Berufsperspektiven aufzeigt

und der den roten Teppich für die Jugend ausrollt. Kino und Film als Bildungsplattform,

Integrationsmedium, kulturelle Bildung. Da ist man gerne Schirmherrin für ein Projekt,

das die in Mannheim für den Erhalt und den Neubau von Schulen zuständige BBS und die

Filmtheaterbetriebe Spickert möglich machen.

 

Haben Ihnen die Beiträge der Preisträger in den einzelnen Kategorien gefallen?

 

Dr. Ulrike Freundlieb: Beeindruckt wäre die bessere Bezeichnung. Ich fange mal bei den Kleinen an:

Die standen da voller Stolz – drei Jungen, drei Mädchen – auf das, was sie gemacht hatten.

Dann die bunte Truppe aus der Tulla-Realschule, der man den Spaß an dem an, was sie gemacht hatte,

bis zur Preisverleihung richtig anmerkte, inklusive den Anleihen bei der Oscar-Preisverleihung, als eine junge Frau von der Bühne rief „Mama, ich liebe dich.“ Das war doch wunderbar! Auch den Trickfilm fand ich klasse.

Die Macherinnen und Macher waren Grundschulkinder. Das war sicherlich auch angesichts der erforderlichen Disziplin bei der Erstellung der Zeichnungen eine riesige Herausforderung.

 

Seit dem Beginn vor zwei Jahren hat sich der Billie Award verändert, die Workshops wurden um eine

Schauspielschulung erweitert und es finden sich Teams zusammen – vor sowie hinter der Kamera.

Ist das der Weg in die Zukunft?

 

Dr. Ulrike Freundlieb: Mein Anspruch an den Billie Award – sofern wir als Stadt für ein Projekt, das wir gar nicht

selbst ausloben, überhaupt einen Anspruch formulieren dürfen – wäre ein mehrfacher:

Erstens ist es mir sehr wichtig, dass wir die Kinder und Jugendlichen erreichen, die von ihrem familiären und persönlichen Umfeld her für ihre Pläne und Visionen keine Unterstützung erhalten.

Zum Zweiten sollte sich der Billie Award immer um das Thema „Schule als Lebensraum“ drehen, denn die BBS ist

nun einmal für Schulen zuständig. Die Leistungen, die im Auftrag der Stadt an und für die Schulen erbracht werden,

sollen auch auf diesem Wege ins Bewusstsein der Bevölkerung getragen werden.

Das Dritte ist: Kinder kommen heute sehr schnell in Berührung mit dem Thema Film. Ich finde es positiv, wenn erkannt wird, dass Film ein Medium ist, um Gefühle, Beweggründe und

Gedanken zu visualisieren und anderen nahezubringen, ein Medium, das man selbst kreieren kann und nicht nur

konsumieren muss, und ein Medium, in dem sehr viel Arbeit und Arbeitsmöglichkeiten stecken.

Es gibt beim Film viele interessante Jobs – Schauspiel, Drehbuch, Regie, Produktion, alles sehr vielfältig.

Es gibt nicht nur die Starregisseure hinter der Kamera, und die werden auch nicht als Starregisseure geboren, sondern bis dorthin ist es ein harter Weg mit vielen Zwischenstationen.

Ziel ist es, in einem Job beim Film Befriedigung zu finden, selbst wenn man nicht in Hollywood landet.

Also auch beim Thema Berufsorientierung leistet der Billie Award einen wertvollen Beitrag.

Und viertens – ganz wichtig – ist der Billie Award auch eine große Chance, um eine eigene

Medienkompetenz zu erwerben.

»… beim Thema

Berufsorientierung

leistet der

Billie Award

einen wertvollen

Beitrag.«

 

Warum ist Ihnen der letzte Punkt besonders wichtig?

 

Dr. Ulrike Freundlieb: Die modernen Medien sind omnipräsent.

Wir benutzen sie; Kinder und Jugendliche nutzen sie noch viel intensiver. Das bedeutet aber auch:

In diesen Medien sollte man sich nicht nur ausdrücken können, man sollte sie auch gefahrlos benutzen können.

Dazu muss eine Medienkompetenz entwickelt werden. Medienkompetenz wächst leider nicht im selben Tempo

wie das technische Verständnis und das Handhabungsverständnis mit den Geräten dieser neuen Medien.

Da ist der Billie Award für mich eine sehr gute Plattform.

Denn  bewegte Bilder spielen in unserem Alltag eine große Rolle.

Filme und Videos sind allgegenwärtig und mit verschiedenen Geräten individuell produzier- und abspielbar.

Die Filmsprache, also filmische Zeichen und Symbole, verstehen und auch selbst gestalterisch nutzen zu können,

ist eine wichtige Voraussetzung, um sich in der Kommunikationskultur bewegter Bilder zu orientieren.

Filmbildung befähigt Kinder und Jugendliche, aktiv und kritisch am Leben in der Mediengesellschaft teilzunehmen. Und Kinder und Jugendliche lernen, das Medium zu verstehen und zu nutzen, haben aber auch die Chance,

nicht vom Medium und seinen Inhalten benutzt oder unbewusst beeinflusst zu werden.

Wer weiß, wie Botschaften gemacht werden, kann Botschaften erkennen und entscheiden,

ob er sie annehmen will oder nicht.

 

Welche Rolle spielen aus Ihrer Sicht Partner, die neben BBS und FTB Spickert mit im Boot sind?

Der Billie Award kooperiert ja mit Gallionfilm, Famefabrik, OKTV (Offener Kanal TV) Ludwigshafen sowie der Bürgerbühne des Nationaltheaters Mannheim.

 

Dr. Ulrike Freundlieb: Hier wurde tatsächlich eine Situation geschaffen, in der sich die Kinder und Jugendlichen

unter Profis bewegen, mit Profis zusammenarbeiten und von ihnen auch wertvolle Tipps erhalten. Es gab ja eine

Filmsequenz im Rahmen der Billie-Gala, in der ein „Making- of“ gezeigt wurde und eine solche Diskussions- und

Beratungssituation filmisch festgehalten war.

Das zeigt: Da ist eine hohe Professionalität drin. Dieser Professionalität bedarf es auch, wenn ein Angebot geschaffen werden soll, das nicht nur Vergnügen bereiten will, sondern das Fähigkeiten und Fertigkeiten mitgibt.

Es geht also auch um die Vermittlung von theoretischem Know-how und nicht nur darum,

wie eine Kamera bedient wird. Schon allein deshalb sind die Partner für das Projekt ganz außerordentlich wichtig.

 

Der Billie Award spielt in Mannheim und im Bildungsraum der Mannheimer Schulen eine gewisse Rolle. Kann der Award auch für Mannheim als Gesamtstadt eine Rolle spielen?

 

Dr. Ulrike Freundlieb: Das hängt stark von der weiteren inhaltlichen Orientierung des Billie Awards ab.

Wenn das Thema Berufsorientierung im Fokus bleibt und noch stärker in den Fokus kommt, dann bringt uns das in Mannheim natürlich nach vorne. Ich kenne keine Stadt im näheren Umfeld, in der es ein solches Projekt gibt, in dem in diesem Maße auf Film und Filmhandwerk Wert gelegt wird.

Und Filme aus der Schule über die Schule zu sehen, ist für uns darüber hinaus sehr wichtig.

Wenn wir Schülerinnen und Schüler befähigen, ihren Schulalltag filmisch zu übersetzen und auszudrücken, dann hilft uns das bei der Schulentwicklung.

 

Was wäre eine Weiterentwicklungsperspektive für den Billie Award aus Ihrer Sicht?

 

Dr. Ulrike Freundlieb:

Ich könnte mir vorstellen, mit diesem Konzept in die Projektwochen der Schulen einzusteigen.

Die Zielsetzung von Schule und die Zielsetzung des Awards sind ja sehr ähnlich: sich auszudrücken,

Themen zu reflektieren, Know-how zu erwerben und etwas zu erarbeiten.

 

Kann der Billie Award beispielgebend sein für Kooperationen 

zwischen städtischen und privaten Unternehmungen?

 

Dr. Ulrike Freundlieb: Wenn es gemeinsame Ziele gibt, sind solche Kooperationen sogar sehr zielführend.

 

Die Fragen stellte Herbert W. Rabl

»Hier wurde tatsächlich eine Situation

geschaffen, in der sich die Kinder

und Jugendlichen unter Profis bewegen.«

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