Thomas Jesatko im Gespräch

DEM OPERN-STAR IST DAS KLASSIK-KINO WERBUNG FÜR'S THEATER

Thomas Jesatko ist am Mannheimer Nationaltheater so etwas wie eine Institution: Der Bassbariton hat fast alle Mozart-Partien seines Faches gesungen, ebenso Pizarro, Caspar, Escamillo, Bösewichter, Jochanaan, Orest, Barak, Holländer, Biterolf, Telramund, Fasolt, Alberich, Wotan/Wanderer, beide im gesamten Ring, Kurwenal, Sachs, Klingsor, Falstaff u.v.m.. Er ist Gast bei renommierten Festivals und singt an Bühnen wie bei den Bayreuther Festspielen, in Zürich, Basel, München, Stuttgart, Köln, Hannover, Leipzig, Dresden, Santiago de Chile, Madrid und Kopenhagen. 2016 wurde er in Mannheim mit dem Titel "Kammersänger" geehrt. CARPET ROUGE hat ihn getroffen und auch nach Klassik im Kino gefragt.

Foto: Hans Jörg Michel

Was hat einen gebürtigen Franken aus Nürnberg nach Mannheim gezogen?
Thomas Jesatko:
Es gab auch noch die Stationen Darmstadt und Osnabrück. Aber die einfache Antwort ist: der Job.

Sie wollten also nach Mannheim?
Thomas Jesatko:
Es gab halt da eine freie Stelle und ich wollte mein Repertoire erweitern. Mannheim galt ja früher als „Fabrik“, in der man leicht verheizt werden konnte. Das Nationaltheater hatte die meisten Produktionen bundesweit, sodass es einem passieren konnte, jeden Abend etwas anderes singen zu müssen. Für noch nicht ganz gefestigte Stimmen konnte das fatal sein. Das ist in den letzten Jahren etwas entspannter geworden, und heute will ich auf keinen Fall wieder weg. Ich finde es am Nationaltheater wunderbar und bin schon seit 1997 im Ensemble.

Das ist eine lange Zeit. Was hält Sie hier?
Thomas Jesatko:
Freunde. Die Stadt. Die interessierte Bürgerschaft. Das Theater. Meine Kolleginnen und Kollegen und nicht zuletzt „Die Räuberhöhle“. Und auch dieVielfältigkeit der Arbeit. Vor zwei Jahren habe ich z.B. mal beiläufig erwähnt, ich würde gerne den Higgins in „My fair Lady“ singen und jetzt bin ich damit besetzt. Das ist eben typisch Mannheim, und so vielfältige Möglichkeiten hat man wohl an keinem anderen Haus.

Was ist denn „Die Räuberhöhle“?
Thomas Jesatko:
Eine Herrengesellschaft, die zur Zeit des Vormärz gegründet wurde, um offen und vertrauensvoll zu reden (was damals in der Öffentlichkeit gefährlich war) und Freundschaften zu pflegen. Das ist bis heute so geblieben. Eine wunderbare Vereinigung.

Und wie gefällt Ihnen die Stadt an sich?
Thomas Jesatko:
Einfach toll. Mannheim ist lebendig, vielfältig. Integration wird hier gelebt, weil die Menschen offen und interessiert sind, außerdem liegt es im Herzen Europas und im Zentrum aller wichtigen Weingegenden.

Und das lieben Sie?
Thomas Jesatko:
Absolut, und das koste ich auch aus.

Sie waren schon mal Gast in einer Talk-Runde unserer Kinos, als es um Klassik im Kino ging. Was halten Sie von unserer Initiative, viel Klassik ins Kino zu bringen?
Thomas Jesatko:
Das Kino macht mit solchen Programmangeboten ja Werbung für klassische Theaterinhalte. In meinem Bekanntenkreis gibt es nicht wenige, die sich im Kino eine Oper angesehen haben und so richtig zu Fans geworden sind und dann unbedingt auch im Nationaltheater Inszenierungen ansehen wollten. Ich glaube, das ist nicht nur in meinem Bekanntenkreis so.

 

Wenn Sie es sich wünschen könnten, welche Opern-Mitschnitte aus welchen Häusern würden Sie gerne mal auf der großen Leinwand sehen?
Thomas Jesatko: Mmmm, ich denke, dass der Freyer-Ring, also die Inszenierung des „Ring des Nibelungen“ von Achim Freyer, verdient hätte, ins Kino zu kommen. Oder die phantastischen Inszenierungen von Stefan Herheim, wie z.B. seinerzeit unser Bayreuther Parsifal.

Gehen Sie manchmal ins Kino und was sehen Sie sich bevorzugt an?
Thomas Jesatko: Wie viele andere komme ich zu wenig ins Kino. Ich gehe eher mit meinem kleinen Sohn. Zuletzt haben wir uns die letzte Folge von „Ice Age“ angesehen. Ich bin begeistert von 3D und dem Sound.

Wie eben schon von Ihnen erwähnt, schlüpfen Sie demnächst in die Rolle von Professor Henry Higgins, wenn das Mannheimer Nationaltheater „My fair Lady“ wiederaufnimmt. Da gibt es in Gestalt von Rex Harrison ein legendäres Vorbild. Kennen Sie den Film, haben Sie ihn sich vielleicht in der Vorbereitung auf die Rolle angesehen und inspirieren lassen? Oder legen Sie die Rolle ganz anders an?
Thomas Jesatko: In der Tat habe ich mir den Film schon ein paarmal angesehen. Wie ich die Rolle anlege, hängt natürlich auch von meinen Möglichkeiten und Einsichten, den Kollegen und dem Verlauf der Proben ab. Ich bin sehr gespannt, was passiert und freue mich riesig auf diese große Herausforderung. Wir werden abwechselnd spielen. Ich teile mir mit dem Kollegen Axel Herrig die Rolle.

Die Fragen stellte Herbert W. Rabl

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